Romaniacs im Rückspiegel
IG.G-Rider Tom Jiresch ist einer der Unverwüstlichen, die sich auf der Hobby-Spur durch die Red Bull Romaniacs 2010 gekämpft haben. Nach wie vor schwört Tom Stein und Bein, dass es ihm tatsächlich ein Vergnügen gewesen ist, das er sich so bald wie möglich noch einmal gönnen will. Sein erster Start beim Karparten-Klassiker hat natürlich einige Erkenntnisse und Lehren gebracht, die er 1) beim nächsten Mal berücksichtigen und 2) an dieser Stelle weitergeben will.
Vorbereitung:
Man kann gar nicht (früh) genug trainieren, um hierfür gerüstet zu sein. Ich habe bereits ab Februar Kraft und Kondition trainiert – eingeschränkt natürlich um das, was der Beruf braucht. Zwei bis drei Mal pro Woche sind aber jedenfalls nötig.
An allererster Stelle steht aber: fahren, fahren und noch einmal fahren. Das ist im österreichischen Winter nicht allzu leicht, ich bin aber so oft wie möglich im „fahrbaren Ausland“ gewesen: konkret Kroatien und einmal auch ein verlängertes langes Wochenende in Rumänien. Ideal ist auch Mountainbiken, um das Feingefühl zu trainieren. Hier war der Schnee im Wienerwald recht hilfreich, um das Balancegefühl aus dem Winterschlaf zu erwecken.
Alles in Allem hat das gereicht für die RBR. Ich hatte während der Rallye überhaupt keine körperlichen Probleme, weder Muskelkater noch Krämpfe (außer kurioserweise in den Zehen), was durchaus passabel ist – bei mehr als neun Stunden Offroadzeit pro Tag.
Tom's Romaniacs-Bilanz: Kondi gut, Taktik nicht so gut, Fahrspaß perfekt!
Tag 1 – Prolog:
Vor dem Prolog sind mir tausende Gedanken durch den Kopf gegangen; über das „wie“ und „was“ und warum etwas geht oder nicht geht. Sobald man aber am Bike sitzt, sind diese Sorgen weg – und alles regelt sich eh immer irgendwie von selbst.
Beim Prolog habe ich meinen ersten taktischen Fehler gemacht, den ich erst viel später bereut habe: denn mein Ziel war, nicht unter die ersten 16 zu kommen. Ich wollte mich und mein Bike schonen und daher nicht die Finalläufe am Nachmittag bestreiten müssen. Schwerer Fehler! Erstens ist der Prolog in der Hobbyklasse für jeden Katoch-RodeoX-Geschädigten sicher kein Problem und zweitens rächt es sich, beim Prolog zu trödeln. Denn am zweiten Tag starten dann viele durchaus schwächere Fahrer vor Dir, die den Prolog aber ernst genommen haben. Auf die trifft man dann genau vor den schwierigen Stellen, wo sie in der Spur stehen, liegen oder hängen. Das kostet wichtige Zeit und Energie. Somit merke: Falsche Taktik am Start ist Scheiße, nimm es ernst und fahr dein Rennen bereits im Prolog!
IG.G-VIDEO: Tom & Zetti im Prolog der Red Bull Romaniacs 2010
Die Lehre aus dem Prolog: taktisches trödeln rächt sich im Gelände.
Tag 2 – erster riding day:
Hier hat sich der taktische Fehler des ersten Tages gerächt. Ich hatte viele Fahrer vor mir, die den einzig möglichen Weg ewig blockiert haben. Es hat mir also überhaupt nichts geholfen, den ersten Hang dann recht flott erklommen zu haben; denn ich hatte schon am Fuße des Hangs zu viel Zeit durch endlos langes Warten verloren.
Insgesamt war der erste Tag geprägt von extremem Regen, tiefem Schlamm und jeder Menge Rackerei – am Ende haben es gerade mal zwei Pro’s und zwei Experten ins Ziel geschafft. In der Annahme, es wird am Ende des Tages mein GPS gecheckt, bin ich gefahren, was geht und solange es geht. Eigentlich war das eine sinnlose Energieverschwendung, denn ich kam derart spät an die Checkpoints, das diese bereits verwaist waren. Schließlich galt die 40% Regel. Diese besagt, dass jedenfalls 40% der Fahrer in der Wertung bleiben, wenn zu wenige Rider das Ziel erreichen. In meiner Klasse war das keiner. Es ist aber trotzdem ein gutes Gefühl, auch bei widrigsten Witterungsverhältnissen mental dabei zu bleiben und auch noch ein wenig Spaß dabei zu haben.
Am ersten Offroad-Tag die "super" Taktik vom Prolog ausgebadet.
Tag 3 – Riding nach Petrosani:
Das war für mich der geilste Tag überhaupt! Schnelle Passagen über die Pässe, endlose Etappen über die Berge und sogar ein übriggebliebenes Schneefeld. Herrliches Panorama, einfach ein Traum! Auch das Wetter war ausnahmsweise trocken! So macht die Romaniacs Spaß! Einzelne kleinere Schwierigkeiten, ansonsten: fahren, fahren, fahren! Auch das Navigieren kommt auf den endlosen Almwiesen nicht zu kurz, so soll die RBR sein! Aber die tollste Erfahrung war für mich das finishen: es ist ein unbeschreibliches Gefühl, durch den blauen Red Bull Bogen zu fahren und im Ziel zu sein. Schwere Emotionen, hat Suchtfaktor!
Der Weg nach Petrosani war die schönste Etappe für IG.G-Rider Tom Jiresch.
Tag 4 – Back to Sibiu:
Eigentlich hat auch dieser Tag perfekt begonnen. Ich kannte die Strecke schon von der letztjährigen RBR, nur lief sie damals in die andere Richtung. Flott ging es durch die Wälder, immer höher die Berge hinauf. Nicht zu leicht, aber durchaus zügig zu fahren. Ich bin in einen guten Flow gekommen, auch meine 280er KTM läuft problemlos wie ein Glöckerl. Besonders die endlosen Abfahrten in Wildbächen, in welchen die Morgensonne tausende Reflexionen spiegelt, sind immer wieder ein Erlebnis. Der Tag wäre ja fad, wenn uns der Herr Freinademetz nicht doch ein paar Schmankerl eingebaut hätte: steilste Zick-Zack-Wege hinauf oder massiv ausgefahrene Waldauffahrten haben es schon in sich, aber das ist ja das Salz in der Suppe! Dass das Ganze natürlich auch Kraft und Konzentration kostet, ist klar. Leider wird man nach solchen Passagen auch immer wieder etwas unachtsam…. Im Glauben, entspannt über die in der Mittagssonne liegenden Almen fliegen zu können, passieren auch fatale Fehler: bei einer völlig harmlosen Bachdurchfahrt bin ich auf der anderen Seite ins Leere getreten und habe die KTM harmlos umgelegt. Leider hatte diese offenbar Durst und sich entschlossen, plötzlich ein wenig in den Bach zu rutschen und dabei am einzigen Stein weit und breit mein GPS zu ruinieren. Tolle Leistung! Ab nun nur den Markierungen folgend bis zum nächsten Checkpoint. Dort wurde mit dem Trackmanager geklärt, dass ich auf meinen Freund Michi Zinnagl warten soll und wir mit einem GPS für Beide weiterfahren können. Leider war dann aber der Zeitverlust so groß, dass ich den Timebar für den Tag um etwa 20 Minuten verpasst habe. Nicht so elegant, aber zielführender wäre gewesen, vom Checkpoint Onroad ins Ziel zu fahren. Das hätte mir zwar eine saftige Zeitstrafe eingebracht, ich wäre aber innerhalb des Timebars im Ziel gewesen und in der Wertung geblieben. Wirklich hartes Lehrgeld, aber auch das gehört dazu!
Am Ende GPS zerstört und 20 Minuten über der Zeit: Tom schört, zurückzukommen.
Tag 4 – Final day:
Schade, dass ich nicht mehr in der Wertung war, zumal ich diesen Track bereits kannte. Auch dieser war nicht leicht, aber bewältigbar. Somit blieb mir nur, außer Wertung einzelne Abschnitte zu fahren. Ein paar Bier bei der abendlichen Party lassen einen aber darüber hinweg kommen und auf die Kollegen anstoßen und sie feiern.
Tom Jiresch: "Die Romaniacs hat enormes Suchtpotential.!
Conclusio:
Das Ziel wäre körperlich und fahrerisch machbar gewesen. Was bleibt, ist in jedem Fall eine Woche traumhaftes Endurieren, egal wie unangenehm das Wetter war. Und natürlich auch der Wille, es beim nächsten Mal besser und manche Fehler nur einmal zu machen. Und das nächste Mal kommt ganz sicher! (tom jiresch)