Matthias Walkner: nach der "Stillen Nacht" die Dakar im Visier
Österreichs erfolgreichster Dakar-Pilot nimmt zu Weihnachten nur eine kurze Auszeit, bevor er nach Südamerika aufbricht. Am 6. Jänner startet der Pilot des "Red Bull KTM Rally Factory Racing Team“ in seine bereits vierte "Rallye Dakar". Nach seinem sensationellen zweiten Platz bei der "Dakar 2017" gehört der 30jährige aus Kuchl im Salzburgerland zum engsten Favoritenkreis. Als Sieger der letzten WM-Rally in Marokko fährt Matthias Walkner auch mit dem nötigen Selbstvertrauen zur härtesten und legendärsten Langstreckenrally der Welt. Im Interview spricht Matthias Walkner über seine Sieg-Chancen, seine neue KTM 450 RALLY und über die vielen Tücken und verstecken Gefahren auf dem Weg ins Ziel.
IG.G: Nach deinem zweiten Platz bei der "Dakar" in diesem Jahr, zählst du nicht nur auf dem Papier zu den Top-Sieganwärtern bei der "Dakar 2018". Wie hoch legst du dir selbst die Latte? Ab wann ist die „Dakar“ für dich ein Erfolg?
Matthias Walkner: Ich glaube schon, dass ich zu den sieben, acht Piloten gehöre, die für den Sieg in Frage kommen. Aber es wird in diesem Jahr noch schwieriger. Ich habe bei mir im "Red Bull KTM Rally Factory Racing Team" sicher meine beiden stärksten Konkurrenten. Sam Sunderland hat die "Dakar" in diesem Jahr gewonnen. Toby Price war im Jahr davor der Sieger. Er war jetzt zwar lang verletzt; wenn er aber fit ist, dann kann man ihm alles zutrauen. Und die anderen Teams sind auch extrem stark besetzt. Bei Husqvarna kommt Pablo Quintanilla als frischgebackener Rally-Weltmeister zur "Dakar". Honda ist gut vorbereitet und hat starke Fahrer. Und auch Yamaha hat aufgerüstet. Wenn alles gut läuft, sehe ich mich schon am Podium. Den Sieg traue ich mir auch auf jeden Fall zu. Aber da brauchst du zwei Wochen, in denen wirklich alles perfekt läuft. Und du brauchst auch Glück.
Und ganz abgesehen vom Spekulieren mit einem Sieg: das Wichtigste bei diesem Rennen ist, sich nicht weh zu tun und in einem Stück im Ziel anzukommen. Die "Dakar" ist extrem hart und sehr gefährlich bei dem Tempo, das wir hier fahren. Ein kleiner Fehler kann böse Folgen haben. Das habe ich bei meinem Crash 2016 ja am eigenen Leib erfahren.
Matthias Walkner mit seiner KTM 450 RALLY.
IG.G: Was macht die "Dakar" so aussergewöhnlich? Warum gilt diese Rally als der schwierigste und härteste Langstreckenbewerb der Welt?
Matthias Walkner: Erstens ist sie extrem lang. Und zweitens kann man jeden Tag zu jeder Sekunde alles verspielen und verlieren. Du kannst zwölf perfekte Renntage haben, wenn du aber den 13. Tag verhaust, dann ist alles weg. Das ist ein bisschen das Undankbare am Rallyfahren. Man kriegt ja keine Punkte für gute Etappen und hat dann noch immer einen Polster, wenn man an einem Tag mal keine Punkte anschreibt. Beim Rallyfahren gibt's bei jedem Fehler die Höchststrafe. Wenn du dich verfährst, wenn du einen Wegpunkt verpasst oder wenn du aus irgend einem Grund eine Strafzeit aufgebrummt bekommst – da schreibst du gleich 20 oder 40 Minuten an und kannst das Rennen fast schon vergessen. Es passiert auch viel im Kopf. Wenn's dich zum Beispiel einmal aufhaut und du hast Schmerzen, dann darfst du dich trotzdem nicht verunsichern lassen, musst dich noch mehr konzentrieren. Wer zweifelt, wer an seinem Selbstvertrauen nagt, der fährt langsamer. Gewinnen wird am Ende der, der am konstantesten fährt, am wenigsten Fehler macht und der keine gröberen technischen Probleme an seinem Motorrad hat.
Das Höhentraining am Kitzsteinhorn hat Tradition vor der Dakar.
IG.G: Kannst du beschreiben, welchen Unterschied es macht, ob man fit und voll Selbstvertrauen ist oder ob man etwas angeschlagen vielleicht mit Selbstzweifel am Bike sitzt?
Matthias Walkner: Wenn alles passt, dann ist man einfach sicherer und präziser unterwegs. Du bleibst zum Beispiel vor Kurven um den Bruchteil einer Sekunde länger am Gas und beschleunigst auch früher wieder raus. Wenn man nur eine Kurve betrachtet, dann ist der Unterschied prozentuell nicht besonders groß. Aber wenn du bei einer Etappe hunderte Kurven jeweils um eine zehntel Sekunde schneller fährst, dann macht das unterm Strich extrem viel aus. Und jede schnelle Kurve gibt dir nochmal mehr Sicherheit. Drum ist auch die Stimmung im Team sehr wichtig; dass man nach einem weniger guten Tag nicht zu grübeln und zu hadern beginnt. Das Team kann da auch mit gründlicher und professioneller Analyse helfen. Dann weiß man, woran es lag, man hat Klarheit, kann das abhaken und am nächsten Tag ganz einfach besser machen.
Auf dem Weg zur Dakar hat das KTM-Team jede Menge Testkilometer absolviert.
IG.G: Du bist ein Österreicher auf einem österreichischen Motorrad. Dein KTM-Team hat bei der "Dakar" eine unglaubliche Serie zu verteidigen. Es geht um den 17. Dakar-Sieg hintereinander. Ihr kommt mit einem komplett neu entwickelten Motorrad. Wie anders fühlt sich die neue Maschine an?
Matthias Walkner: Die neue Maschine ist wirklich in allen Bereichen noch besser geworden. Das Handling ist perfekt! Es ist ja schon das Vorgängermodell jahrelang ein Siegmotorrad gewesen, und das neue Bike legt da nochmal was drauf. Die neue KTM 450 RALLY ist im Topspeed-Bereich sicher um 5 bis 8 km/h schneller und ich komme mit weniger Aufwand auf höheres Tempo. Während man fährt, fühlt sich der Unterschied gar nicht so groß an. Wenn man nachher aber die Zeiten und die Geschwindigkeiten checkt, dann ist der Fortschritt enorm. Ich bin happy, dass ich bei der Marokko-Rally im Oktober gleich beim ersten Renneinsatz mit dem neuen Bike gewinnen konnte. Das macht mich wirklich zuversichtlich für die „Dakar“.
Matthias Walkner kommt als Sieger der Marokko-Rally zur Dakar.
Matthias Walkner fliegt am Neujahrstag nach Südamerika, um sich mit dem "Red Bull KTM Rally Factory Racing" auf den Start vorzubereiten. Die „Rallye Dakar 2018“ startet am 6. Jänner mit dem Prolog in Lima. Zwei Wochen, 13 Etappen durch Peru, Bolivien und Argentinien und mehr als 8000 Kilometer liegen zwischen dem Start in Lima und dem Ziel in Cordoba am 20. Jänner 2018. (c. panny, hubert lafer)
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