'Red Bull Romaniacs': Bewegte-Bild-Geschichte
Wir schreiben das Jahr 2004. Noch ist keine Rede von 'Drift', 'GoPro' & Co. HD in tragbarer Leichtbauweise ist noch nicht in der Serienreife angekommen. Just da erhellen noch nie dagewesene Bilder den Enduro-Himmel. Aus den Tiefen Rumäniens bekommt man Nahkampfbilder zu sehen, die es so bis dahin nicht gegeben hat: die Kamera rast direkt hinter den Ridern her, filmt auf gleicher Höhe, klettert Schulter an Schulter mit Cyril Despres steilste Anstiege empor und leidet mit Thomas Günther, als sich sein Bike direkt vor der Linse mit einem mehr als doppelten Rittberger in eine Schlucht verabschiedet. Die Bild-Gestaltung der 'Red Bull Romaniacs' ist beispielgebend für die Szene gewesen.
Der Tiroler Bernd Hupfauf ist einer der Kamera-Männer der ersten Stunde gewesen. Die Aufnahmen der 'Red Bull Romaniacs' im Jahr 2004 sind unter seiner Regie entstanden: "Kameramänner, die Endurofahrer sind. Endurofahrer, die Kameramänner sind. Dieses Prinzip haben wir damals eingeführt. Und es gilt im Grunde heute noch." Nie zuvor sind derart viele Szenen derart nah an der Aktion eingefangen worden. Diese richtungsweisende Innovation entstand aus der Not. Einerseits wegen des bekanntermaßen extrem bergig-waldigen Terrains der 'Red Bull Romaniacs'. Andererseits wegen der damals nicht verfügbaren Übertragungskapazitäten: "Wir haben gesehen, dass wir nur dann Bilder bekommen können, wenn wir unmittelbar dort sind, wo die Bilder entstehen. Bei den Piloten. Deswegen haben wir die Kameraleute auf die Bikes gesetzt und da hin geschickt, wo's extrem und haarig ist." Das bedingt gute Planung: schon früh haben Bernd Hupfauf und Martin Freinademetz eigene Tracks für die Kameraleute gezeichnet: mit genauen Fahr- und Zeitstrecken, wann sie wo rechtzeitig zur Stelle sein müssen.
Starker Abgang: Auf dem großartigen Titelbild (von Herwig Peuker) ganz oben springt Bernd Hupfauf mit laufender Helmkamera beherzt hinter Dieter Happ über den Abgrund: "Einer meiner großartigsten Momente am Bike." Keine Minute später misslingt Hupfauf aber der Ausstieg. Sein Abgang bringt ihm eine Stippvisite im örtlichen Krankenhaus ein.
Für eine gute Einstellung muss man bisweilen leiden. Das hat sich Bernd Hupfauf mehrfach selbst bewiesen. So sind HD-Aufnahmen damals nur mit recht großen, schweren Kameras möglich gewesen. Seitlich am Helm montiert war dieses Equipment alles andere als leichtes Gepäck: "Man hat das bestenfalls zehn Minuten ausgehalten, länger hat der Nacken nicht mitgespielt." Hupfauf weiß auch von "Renn"-Unfällen zu berichten, bei denen das Kamerastativ am Rucksack bei voller Fahrt an querstehende Ästen hängen bleibt. Sehr plötzlich aus voller Fahrt gerissen und rücklings auf den Boden geknallt "wurde mir erst mal schwarz vor Augen. Das war auch extrem gefährlich, weil die Kamera-Fahrer damals alleine unterwegs waren." Schon deswegen konnten nur gestandene Hard-Enduristen den Job am Sucher machen.
Men at work: Jeff Pakosta und Graham Jarvis machen beide ihren Job (2011).
Je mehr die 'Red Bull Romaniacs' gewachsen ist, desto größere Kreise und Publikumsschichten hat der filmische Output erreicht. Seit 2007 dirigiert der Amerikaner Jeff Pakosta ein immer größeres Heer an Kameraleuten, Produzenten und Cuttern. 2012 sind zwei Terabyte an Rohmaterial auf die Festplatten gespielt worden: "2012 hatten wir permanent acht Kameraleute auf der Strecke. Dazu ist drei Tage lang ein Mann im Hubschrauber gekommen. Ausserdem hatten wir noch eine Kamera auf einer ferngesteuerten Heli-Cam platziert. Zusätzliches Material ist von unseren bis zu zehn 'GoPros' gekommen, die wir an kniffligen Stellen direkt in die Spur gelegt haben." Pakosta sagt, für ihn gehe es bei der 'Red Bull Romaniacs' nicht nur darum, möglichst spektakuläre Action-Shots zu liefern. Diese Rallye erzähle jedes Jahr auch Geschichten: "Das sind Ritter! Sie reiten alleine, und obwohl sie gegeneinander fahren, helfen sie einander. Es ist ein ehrlicher Sport, bei dem jeder für sich selbst gradstehen muss."
Ryan Meyers (rechts) bei seinem ersten Romaniacs-Einsatz 2007.
"Das sind fünf Tage in der Hölle" Das sagt Ryan Meyers, der 2007 seinen ersten Einsatz als Kamera-Mann bei der 'Red Bull Romaniacs' hatte: "Diese Rallye ist wirklich schwierig zu filmen. Die Locations liegen oft in schwierigstem Terrain, oft mit schnellem Licht-Schatten-Wechsel. Man muss genau wissen, wie die Kamera 'tickt'. Denn man hat nur einen Versuch, den Rider richtig ins Bild zu rücken." (c. panny)
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IG.G-VIDEO: Ground Control, a look at the trails of 'Red Bull Romaniacs'
LINK: Rechtzeitig fertig. Das Video zur 'Red Bull Romaniacs 2012' – in Europa zum Beispiel bei Dr. Dirt
LINK: Red Bull Romaniacs