Heinz Kinigadner: "Die 'Dakar' muss wieder auf die Ideallinie"
Start in Paraguay, viel Zeit in Bolivien und nach 9000 Kilometern das Finale in Argentinien. Vergangene Woche hat 'Dakar'-Direktor Etienne Lavigne die Route für das Jahr 2017 vorgestellt. KTM-Berater Heinz Kinigadner ist ein wenig enttäuscht: "Das ist nicht das klassische Profil, für das die 'Dakar' seit fast 30 Jahren steht. Der Charakter der Strecke ist zwar wieder brutal schnell, aber insgesamt ist die Wüste fast gar kein Kriterium mehr. Die 'Dakar' darf nicht zu einfach werden – sie muss schon die Krönung des Rallysports bleiben."
Kinigadners Kritik betrifft vor allem zwei Punkte: "Erstens sehe ich bei dieser 'Dakar' kaum nennenswerte Sandpassagen. Von Anfang an gehört es zum Mythos und zur Herausforderung bei der 'Dakar', dass es viel Sand, viele Dünen und die entsprechenden Schwierigkeiten gibt. Das, was da geplant ist, hat nichts mehr mit der klassischen 'Dakar' zu tun." Als zweiten Kritikpunkt stellt Heinz Kinigadner auch in Frage, dass die 'Dakar 2017' in Bolivien derart lange in extremer Höhe um 4000 Meter unterwegs sein soll: "Das ist körperlich eine Riesenbelastung. Die Spitzenpiloten können sich mit jeder Menge Höhentraining darauf einstellen. Aber was ist mit den vielen Amateur- und Hobby-Fahrern? Fünf Tage so hoch oben – das geht dann schon gefährlich auf die Substanz. Außerdem denkt beim Veranstalter offenbar niemand an die Service-Crews, die sich da genau so auspowern und auch kaum Regenerations-Phasen haben."
Die Route der 'Dakar' bringt auch den Service-Crews einige zusätzliche Belastungen.
Die geplante Route bringt noch eine zusätzliche Belastung speziell für die Service-Crews. Denn das Material wird per Schiff wie bisher nach Buenos Aires in Argentinien gebracht. Von dort aus müssen die Versorgungs-LKW samt Material in relativ kurzer Zeit zum Start nach Asunción in Paraguay verlegt werden, sagt KTM-Team-Manager Alex Doringer: "Das sind gut 1300 Kilometer für die Assistenzfahrzeuge. Also 20 Stunden LKW-Fahrt unter großem Zeitdruck. Und dann Aufbau- und Abbau für die doch recht wenigen Rennkilometer in Paraguay." Die Befürchtung ist offenbar, dass die Assistenz-Crews schon ziemlich ausser Atem sind, schon bevor sie dann fünf Tage lang in den Höhenlagen Boliviens wieder extrem beansprucht werden.
Heinz Kinigadner und Alex Doringer sind nicht allzu glücklich mit der aktuellen Spurführung.
Die 'Dakar' drohe grundsätzlich, sich zu einer sportlich weniger hochwertigen Veranstaltung zu entwickeln, sagt Heinz Kinigadner: "Derzeit führt die Route nur durch Länder, die dafür bezahlen. Es gibt durchaus mehr Länder in Südamerika, die bei der 'Dakar' mitmachen würden – nur bezahlen wollen sie nicht." Heinz Kinigadner ist überzeugt, dass der Veranstalter ASO hier in Zukunft Kompromisse eingehen muss, sonst drohe die 'Dakar' mittelfristig zu einer etwas anspruchsvolleren Touristikfahrt zu werden: "Man wird sich sicher sehr genau anschauen, wie das jetzt weitergeht. Ich finde, die 'Dakar' war in diesem Jahr schon grenzwertig, mit zu wenig Wüste und zu wenig echt schwieriger Navigation. Als großes Team will man eine wertige Veranstaltung, sonst ist der große Aufwand nicht zu rechtfertigen."